Matthias

Horx

Trend- und Zukunftsforscher

Wie sollte unsere Umwelt gestaltet werden, damit sie den Namen einer humanen Umwelt verdient?

In einem ständigen Dialog zwischen den menschlichen Bedürfnissen, technischen Möglichkeiten und systemischen Verbesserungen. Ich sehe den Gestaltungsprozess als einen evolutionären Prozess, der zu immer neuen Synthesen führt, in denen Freiheitsgrade steigen und Schönheit zunimmt. Es geht in einem erweiterten Begriff von "Design" um intelligentere Systeme, die Probleme lösen und Partizipation bzw., Zugang ermöglichen. Dabei kann man viel von der Natur und ihren "Designprozessen" lernen und übertragen.

Wie sähe für Sie eine humane Wirtschaft aus?

Das Spektrum von Wirtschaft reicht ja von der Wirtschaft, in der ich mein Bier trinke, die eine Art "soziale Maschine" ist, über den privaten Haushalt bis zum industriellen Grosskonzern, der wie eine Maschine konstruiert ist, bis zu den Plattform-Giganten wie Google und Facebook. All das sind sehr diverse KULTUREN der Wirtschaft. Ich glaube nicht, dass es etwas bringt, ein allgemeines Prinzip zu vertreten. Wirtschaft ist im Grunde Selbstorganisation, ein "Betriebssystem für Märkte". Es geht darum, die verschiedenen Kulturen besser zu vernetzten, aufeinander zu beziehen. Problematisch wird es immer, wenn eine Wirtschaftskultur eine gesellschaftliche Kultur zu manipulieren oder komplett zu vereinnahmen versucht. Das nennt sich Ausbeutung. Heute beuten zum Beispiel die Internet-Riesen unser Privatleben aus, und das führt zu massiven Konflikten, die zugunsten von Emanzipationsprozessen ausgetragen werden müssen. Zunehmend geht es auch um ökologische Fragen, um die stofflichen und biologischen Schnittstellen, man denke an die cradle-to-cradle-Bewegung.

Welche Funktion kommt dabei dem Design zu?

Im Design geht es um Prozesse, Form und Zusammenhang. Das kann das Äußere sein, die Ästhetik, die eine semantische oder symbolische Aussage macht, das kann sich auch in einer Türklinke oder einer Saftpresse ausdrücken. Aber in einer erweiterten Form ist Design immer Beziehungs-Design, Veränderungs-Design. Ein wunderbares Beispiel ist die Arbeit von Jeanne Gang, einer Architektin, die sich "Relationship Architect" nennt und in ihren Gebäuden komplexe soziale Dynamiken gestaltet.

Sie bezeichnen sich selbst als Possibilist und versuchen in ihrer Forschung stets Möglichkeiten aufzuzeigen. Welche Möglichkeiten werden aus ihrer Sicht aktuell positiv genutzt, um dem Ziel einer humanen Wirtschaft näher zu kommen? 

Millionen Menschen versuchen, die Welt zu verbessern, und viele haben damit wunderbare Erfolge. Designer und Architekten haben daran einen großen Anteil. Diese Disziplinen gehen zunehmend in die Kunst über, deren Aufgabe ja ist, unsere Sichtweisen der Welt zu bereichern, neue mentale „Frames“ zu entwickeln. Als Zukunftsforscher versuche ich, die wirklich starken, „erleuchteten“ Beispiele zu finden und sie Unternehmen zu kommunizieren, die nach einer neuen, ganzheitlichen Vision suchen . Das können neue urbane Siedlungsformen des "Co-Living" für Bauunternehmen sein, ökologische Prinzipen, oder häusliche Pflegedienste, die ein anderes Organisationsprinzip entwickeln und damit den „Pflegenotstand“ lösen. Oder auch Web-Plattformen, die die Menschen nicht manipulieren, sondern befähigen wollen. Best practices eben. Visions-Design im weitesten Sinne, sozusagen die Welt "von vorne" beschreiben.

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