Vorstand IDZ, Professorin an der HTW Berlin, use Identity and DesignNetwork
„Voraussetzung für gutes Design sind sensible, emphatische und interdisziplinär handelnde Teams, die auch den Mut haben zu erkennen, dass gutes Design den
Verzicht auf neue Produkte bedeuten kann.“
Wie definieren Sie gutes Design?
Die zehn Thesen von Dieter Rams haben ihre Gültigkeit!
Heute ist es besonders wichtig, dass gutes Design Menschen in ihrer geschlechtlichen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Verschiedenheit respektiert und die Folgen des ganzheitlichen Produktlebens bedenkt. Voraussetzung für gutes Design sind sensible, emphatische und inter-disziplinär handelnde Teams, die auch den Mut haben zu erkennen, dass gutes Design den Verzicht auf neue Produkte bedeuten kann.
Woran haben Sie gemerkt, dass Universal Design das Richtige für Sie ist?
Ich hatte mich schon einige Jahre mit dem demografischen Wandel und den Auswirkungen auf Produkte und Services beschäftigt. Bei einer Konferenz in Hannover hörte ich 2003 einen Vortrag von einem indischen Kollegen, dem heutigen Direktor des „National Institut of Design India“, Pradyumna Vyas, über die Entwicklung eines landwirtschaftlichen Motorradpfluges. Pradyumna zeigte eine Weltkarte und verdeutlichte an dieser, in welchen Gebieten dieses Produkt Menschen bei der Arbeit helfen kann. Eine eindrucksvolle Übersicht von Afrika, Südamerika, Asien. Ich war begeistert und gleichzeitig inspiriert, an der Produktentwicklung zu arbeiten, die möglichst vielen Menschen unabhängig ihrer Kultur, Fähigkeiten und Religionen dienen soll. So entstand mit dem „National Institute of Design“ Universal Design Thinking im interkulturellen Kontext.
Wie sind Sie zum IDZ gekommen und was bedeutet das IDZ für Sie?
Ich hatte 1982 zu meiner Hochzeit Bücher vom IDZ als Geschenk bekommen, (u. a. „Design ist unsichtbar“, Bücher über die Veränderung der Arbeit u. s. w.), die mich fasziniert haben. Nach dem Mauerfall habe ich sofort den Kontakt gesucht. Seit dieser Zeit genieße ich es, im IDZ Kolleginnen und Kollegen zu treffen, qualitativ ausgezeichnete Veranstaltungen zu besuchen, und eine Plattform zum reflektierten Austausch über die Herausforderungen im Design zu haben. Es gibt nur wenige Designzentren in Deutschland, die inhaltlich arbeiten. Das IDZ hat immer relevante gesellschaftliche Themen diskutiert, in den letzten Jahren zum Beispiel Universal Design, Eco-Design oder UX. Meine Motivation zur Mitarbeit an Forschungsprojekten, in Jurys und im Vorstand des IDZ: Es ist inspirierend und macht Spaß. Das IDZ ist ein Verein, der die Potenziale des Designs auch in politischen Ebenen thematisiert.
Wie haben sich Ihrer Meinung nach die Schwerpunkte im Design in den letzten 50 Jahren bis heute verändert?
Bedingt durch unsere Wachstumsgesellschaft entwerfen und produzieren wir immer mehr Produkte und Müll, die sich maximal durch Styling unterscheiden. Eine Produktgeneration löst oft innerhalb eines Jahres die andere ab. Die Zeiten der Produktentwicklung haben sich extrem verkürzt. Damit bleibt oft keine Zeit zu hinterfragen, ob ein Produkt oder Service Sinn macht, wie viel Ressourcen benötigt werden, wie sich ein Produkt auch über einen längeren Zeitraum den rasanten technologischen Entwicklungen anpassen kann, wie relevant es für wie viele Menschen auf der Welt ist, oder wie es entsorgt werden kann.Der Schwerpunkt im Design muss sich mehr auf demokratische Designlösungen und eine radikale Nachhaltigkeit konzentrieren. Damit sind wir als Designerinnen und Designer mehr denn je gefragt, ein Neudenken im Entwicklungsprozess in Unternehmen anzustoßen und zu moderieren und alle verantwortlichen Disziplinen zum gemeinsamen Handeln zu bewegen.
Wo sehen Sie die Chancen und Schwierigkeiten im Designprozess, bedingt durch die hochtechnisierte Umwelt, in der wir uns befinden?
Eine wunderbare Chance sehe ich in der Möglichkeit, international zu arbeiten. Die Vernetzung ermöglicht es uns, das Wissen und die Kompetenz der Menschen von nahezu jedem Punkt der Welt zusammenzuführen. Die Schwierigkeit besteht in der Schnelligkeit der Entwicklung und darin, das relevante Wissen, die richtigen Unternehmen und Menschen zu finden, um die Potenziale der technisch-technologischen Möglichkeiten für zukunftsfähige Entwicklungen zu nutzen. Dazu brauchen alle Beteiligten mehr Zeit zum Suchen, Entwickeln, Prüfen und auch Verwerfen.
„Die beste Motivation hilft aber nicht, wenn die Ziele der Menschen mit denen man arbeitet nicht übereinstimmen, dann entscheide ich mich auch gegen Aufgaben.“
Gibt es Methoden die Sie anwenden, um sich bei unangenehmen Aufgaben genügend Motivation zu verschaffen?
Ich versuche, mich auf das Ziel der Aufgabe zu fokussieren und mit Kolleginnen und Kollegen die Situation zu diskutieren, dann bewältigt man auch die eine oder andere schwierige Situation. Die beste Motivation hilft aber nicht, wenn die Ziele der Menschen, mit denen man arbeitet ,nicht übereinstimmen, dann entscheide ich mich auch gegen Aufgaben.
„Entwickeln Sie eine Haltung. Dann werden Sie auch die Kraft und den Mut aufbringen, unbequeme Situationen zu meistern.“
Ihr Ratschlag an junge Designer?
Design steht immer im Kontext von politischen, kulturellen und technologischen Entwicklungen. Schauen Sie über den Tellerrand. Suchen Sie sich visionäre, optimistische und inspirierende Menschen in Ihrer Umgebung mit denen es Spaß macht zu träumen und zu diskutieren. Entwickeln Sie eine Haltung. Dann werden Sie auch die Kraft und den Mut aufbringen, unbequeme Situationen zu meistern.
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