Designerin
„Design [...] sollte überraschen und inspirieren.“
Wie definieren Sie gutes Design?
Für mich ist gutes Design nicht statisch, sondern wandelbar und in Bewegung. Es sollte überraschen und inspirieren.
Sie kommen aus dem Textildesign und beschäftigen sich intensiv mit Oberflächen und Strukturen. In einem Interview sagten Sie, dass Sie schon immer Oberflächen gestalten wollten, die ein Bedürfnis zum Berühren auslösen. Gerade in unserer immer virtueller und visueller werdenden Welt verschwindet die Materialität der Dinge. Der Drang des Erfühlens jedoch nicht. Was bedeutet es für Sie, Dinge greifbar zu machen?
Ich denke, dass die Haptik der Dinge, die uns umgeben, gerade in der heutigen Zeit sehr wichtig ist, da alles immer virtueller wird. In Zukunft werden wir immer weniger mit Materialien in Berührung kommen, z. B. ein Buch aus Papier in der Hand halten.Mir geht es darum, die Menschen durch die Verwendung einer bestimmten Oberfläche für ein Material zu begeistern und auch zu überraschen, wie durch ungewohnte haptische Eigenschaften. Es geht auch darum, ob eine Oberfläche in Würde altern kann, wie beispielsweise Holz. Ich halte überhaupt nichts von künstlichen Oberflächen, die bei einem einzigen Kratzer schon an Wert verlieren oder von Flächen, die optisch eine bestimmte Materialität vorgaukeln. Die Langlebigkeit einer Oberfläche führt dazu, dass wir ein Produkt länger behalten und nicht schnell gegen ein neues austauschen.
„Die Herstellungsprozesse rücken heute mehr in die Öffentlichkeit und werden wichtiger als das fertige Endprodukt.“
Wo sehen Sie den neuen Schwerpunkt im Design im Vergleich zu den letzten 50 Jahren?
Ich habe das Gefühl, dass im Moment Materialinnovationen sehr relevant sind. Es geht nicht mehr nur um die Form eines Produkts, es wird immer wichtiger, woraus ein Produkt besteht und wie es hergestellt wird. Viele Designer spezialisieren sich auf Prozesse der Wiederverwertung. Es gibt Materialien aus Kaffee, zerschredderter Kleidung oder Algen. Die Herstellungsprozesse rücken heute mehr in die Öffentlichkeit und werden wichtiger als das fertige Endprodukt.
„Ich arbeite gern mit Materialien die auf eine bestimmte Art lebendig sind oder einen eigenen Willen haben.“
Auf Ihrer Website sieht man, dass Sie sich vor allem mit Holz und Keramik befassen und diese in einen neuen Kontext setzen. Was inspiriert Sie an den traditionellen Materialien?
Holz ist ein Material, das mal lebendig war. Die Spuren des Wachstums sind sichtbar und jedes Stück Holz ist einzigartig. Bei Keramik und Glas finde ich die Veränderungen der physikalischen Zustände durch Temperatureinflüsse spannend, wie das Wechseln des Aggregatzustandes von flüssig zu fest. Ich arbeite gern mit Materialien, die auf eine bestimmte Art lebendig sind oder einen eigenen Willen haben. Die sich verändern, biegen oder schrumpfen. Ich finde es interessant, die Grenzen eines Materials auszutesten und traditionelle Techniken zu verändern oder in einen neuen Kontext zu setzen.
Sie arbeiten selbstständig in einem Atelier in Berlin. Wie sieht Ihr Designprozess aus? Und was macht Ihnen in diesem Prozess am meisten Spaß?
Es ist etwas abhängig vom Projekt, doch meistens entsteht ein neues Design aus der Faszination für ein Material oder eine bestimmte handwerkliche Technik. Am meisten Spaß habe ich beim Experimentieren in der Werkstatt. Ich arbeite gern mit Techniken, die ich noch nicht kenne und vermische traditionelle Prozesse mit innovativen Ansätzen.
Wo sehen Sie in der Zukunft die größten Chancen und Notwendigkeiten im Design?
Das Design muss für die Probleme der Zukunft lösungsorientiert ausgearbeitet sein. Neben der Verwendung von nachhaltigen Materialien und Prozessen finde ich es weiterhin wichtig, dass es Produkte gibt, zu denen wir emotionale Bindungen aufbauen können.
„Neben der Verwendung von nachhaltigen Materialien und Prozessen finde ich es weiterhin wichtig, dass es Produkte gibt, zu denen wir emotionale Bindungen aufbauen können.“
Und was sind Ihre Ziele und Wünsche für die Zukunft?
Ich arbeite sehr frei und künstlerisch, und hoffe, dass ich das weiterhin tun kann. Ich möchte mich mehr mit neuen Technologien beschäftigen, aber immer die Verbindung zu traditionellen Techniken erhalten.
Haben Sie einen besonderen Trick, um sich auch bei unangenehmen Aufgaben genügend Motivation zu verschaffen?
Nein, ich verwende keine spezielle Methode. Vielleicht eine Runde spazieren gehen.
Haben Sie einen Ratschlag an Nachwuchsdesigner?
Ich denke, es ist immer wichtig, die Projekte möglichst oft zu zeigen. Die Teilnahme an einer Messe ist ein guter Start, um Kontakte zu knüpfen. Professionelle Fotos sind auch immer hilfreich, um Aufmerksamkeit von Design-Blogs und der Presse zu bekommen. Auch das Vernetzen und der Austausch mit anderen Designern bringen sehr viel für die eigene Entwicklung.
Welche Rolle sollten Design-Institutionen wie das IDZ in der Gegenwart und Zukunft spielen?
Ich habe das Gefühl, dass viele Designer nicht genau wissen welche Design-Institutionen es überhaupt gibt, wofür sie stehen und was dort passiert. Es wäre gut, wenn es eine bessere Verknüpfung mit den Universitäten gäbe, damit schon die Designstudenten einem Netzwerk beitreten können. Es müsste mehr Austausch zwischen den verschiedenen Institutionen geben.