JUDITH

BOROWSKI

Geschäftsführerin Marke + Design NOMOS Glashütte, Glashütte, Geschäftsführerin der NOMOS-Tochter Berlinerblau, Berlin

Was sind Ihre Aufgaben bei NOMOS Glashütte?

Kurz gesagt: denken, planen, schreiben, layouten, Dinge entwerfen. Seit 2001 arbeite ich für NOMOS Glashütte, seit 2004 als Gesellschafterin. Als Mitglied der Geschäftsführung verantworte ich in Berlin-Kreuzberg Design und Kommunikation des Uhrenherstellers und leite die NOMOS-Markentochter Berlinerblau. Hier entsteht, was mit der Marke und dem Design von NOMOS Glashütte zu tun hat. Und wie auch die Kolleginnen und Kollegen in der Manufaktur in Glashütte, machen wir hier bei Berlinerblau mittlerweile so gut wie alles selbst: Verpackungen, Messebau, Pressearbeit, Anzeigen, Kataloge, Filme, Webseiten und natürlich auch das Design der Uhren. Wir tüfteln an Gehäuse- und Zeigerformen; an Farben und Typografien, entwerfen Bänder und gestalten Schließen. Es gibt viele Designelemente, die auf den Punkt sein müssen, um der Uhr eine wohlproportionierte Ästhetik zu verleihen. Es geht um Materialien, Oberflächen und Details: Ist die Lünette zu fein? Sind die Anstöße zu rund? Das erfordert sehr viel Arbeit. Kaum zu glauben, wie lang man über eine Farbnuance oder einen Zehntelmillimeter diskutieren kann.

Hätten Sie nach Ihrem Journalismus-Studium damit gerechnet, in der Design-Szene zu landen?

Nein, gerechnet habe ich nicht damit. Ich habe ursprünglich Kriminologie, Kunst- und Politikwissenschaften studiert, bevor ich in Hamburg die Journalistenschule absolviert habe. 2001 bin ich dann als Journalistin von Hamburg nach Berlin gekommen, um hier ein Redaktionsbüro zu gründen. Roland Schwertner, der Gründer von NOMOS Glashütte, hatte mir angeboten, nebenher die Pressearbeit für das Unternehmen zu machen. Mein Interesse an Handarbeit und gutem Design war schon immer groß; die reduzierte, klare Form der NOMOS-Modelle hat mich schon damals angesprochen. NOMOS Glashütte war immer schon ein hervorragendes Beispiel für ein innovatives, designorientiertes Unternehmen, das Uhrmachertradition und modernes Design aufs Schönste verbindet. Ich habe das Angebot ohne zu zögern angenommen. Damals war NOMOS noch klein, das ging nebenher. Aus dieser Konstellation ist mit der Zeit dann Berlinerblau er- und gewachsen.

Gibt es bei den Aufgabenbereichen von Designern und Journalisten viele Überschneidungen?

Nein, eigentlich nicht.

Gibt es Methoden, die Sie anwenden, um sich bei unangenehmen Aufgaben genügend Motivation zu verschaffen?

So viel braucht es da eigentlich nicht. Ich liebe das Gefühl, jeden Tag mein Büro zu betreten, was sich mitunter so anfühlt, wie auf einen großen Spielplatz zu kommen: kreativ sein, schreiben, gestalten: fast täglich entstehen neue Ideen. Wir bemühen uns immer um beste Qualität, die natürlich auch die Arbeit unserer Kollegen in Glashütte widerspiegeln soll. Das macht mir Freude. Dabei arbeite ich nicht gerne allein. Ich brauche die Gesellschaft anderer Leute, um glücklich zu sein und gute Ideen zu entwickeln. Und natürlich auch Kunst und Kultur um mich herum: Sie sind Inspirationsquellen für kreatives Arbeiten. Was außerdem hilft: Eine kleine Frechheit hier, ein Augenzwinkern da, welches NOMOS sich ab und an erlaubt – so macht die Arbeit gleich doppelt Spaß.

Gibt es etwas, das Sie angehenden Designern mit auf den Weg geben möchten?

Als angehender Designer muss man von der Materie besessen sein. Vor allem dann, wenn Entwürfe, wie bei uns, durch Reduktion geprägt sind, ist es wichtig den Blick fürs Detail und das Wesentliche zu schärfen: Je weniger man macht, desto besser muss das sein, was da ist. Reduziertes Design verzeiht nicht den geringsten Fehler.

Wie überhaupt sehen Sie die Zukunft des Designs, können Sie eine Prognose geben?

Die Nachfrage nach gutem Design wird immer bestehen bleiben. Jedoch: Auch Design ist im Wandel und dabei, sich zu globalisieren. Zielgruppen sind nicht mehr allein nur an bestimmten Ländern festzumachen, Menschen nicht mehr unbedingt in den Gestaltungstraditionen ihrer Heimatmärkte verhaftet. Vielmehr entwickelt sich – durch das Internet und die voranschreitende Digitalisierung – über Landesgrenzen hinweg ein globaleres, internationales Verständnis von Ästhetik und gutem Design: technisch ausgereift soll es sein, von zeitloser, reduzierter Form. Und bester Qualität.Auch die Märkte Osteuropas und der BRICS-Staaten haben sich weiterentwickelt. Wo man früher vielleicht noch mehr Wert auf teure Autos, große Klunker oder dicke Uhren gelegt hat, verliert dieser Super-Materialismus zunehmend an Bedeutung. Das spiegelt sich auch in Gestaltungsfragen wieder: Es gibt eine Tendenz zu zurückhaltendem Design und Understatement, einem Luxus, der weniger ostentativ ist. Das ist schön für NOMOS.

Welche Rolle sollten Designinstitutionen wie das IDZ in Zukunft spielen?

Design beschäftigt sich mit weit mehr als nur ästhetischen Fragen. Funktionalität, Emotionen und ökologische sowie ethische Aspekte werden bei der Entwicklung von Produkten immer wichtiger. Designinstitutionen wie das IDZ können in diesem Zusammenhang eine tragende Rolle spielen. Zum einen bei der Aufklärung beispielsweise auf dem Gebiet des ökologischen, nachhaltigen Designs. Zum anderen bei der Förderung: Junge Designer zu ermutigen, unkonventionell zu denken und über den eigenen Tellerrand zu blicken, kurz: auch mal mutig zu sein – das ist nach wie vor eine der wichtigsten Aufgaben des IDZ. Nur so entstehen Produkte, die neue Technologien, Funktionalität und Ästhetik so miteinander verbinden, dass sie Menschen in vielen Lebensbereichen einen echten Mehrwert bieten. Ebenso wichtig ist, dass Institutionen wie das IDZ auch in Zukunft Gestalter aus unterschiedlichen Branchen und Ländern zusammenbringen. Der dadurch entstehende Austausch gibt Designern immer wieder neue Impulse und ist wichtig, um die Entwicklung innovativer Ideen und Gestaltungslösungen voranzutreiben, die außerhalb der bekannten Denkansätze liegen.

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